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Ein Förderprojekt der Niedersächsischen BINGO-Umweltstiftung
Hausbauepoche: Ich bau mir ein Haus
In der Woche vom 8. bis 12. März 2021 erlebten die Drittklässler der Freien Waldorfschule Braunschweig – im Rahmen ihrer Hausbauepoche – im Pawelschen Holz bei Lehndorf ein eindrucksvolles Wildnis-Abenteuer. Mit allen Sinnen tauchten die Kinder unter Anleitung von Elisabeth „Betti“ Sielaff – Wildnispädagogin von Wildfang Braunschweig – und ihrem Hund Pino in diesen ganz ursprünglichen Lebensraum ein. Sie lernten sich als Teil der Natur zu fühlen und zu begreifen und dieser mit Achtsamkeit und Dankbarkeit zu begegnen. Es wurde immer klarer: Alles was wir wirklich zum Leben brauchen, kommt von ihr.
Diese achtsame und dankbare Haltung, steht in der Tradition derer, die noch ganz im Einklang mit der Natur leben und die ihr Wissen darüber an andere weitergeben können: indigene Völker – in Bettis Fall: Mitglieder nordamerikanischer Indianerstämme. In ihrer Tradition stehend, begrüßten wir einander am Morgen mit einem indianischen Ritual, dem Räuchern mit weißem Salbei, das uns reinigen und unseren Kopf für neues Wissen frei machen sollte. Wir rochen nun auch weniger nach Pflegeprodukten und Waschmittel, so dass wir uns unauffälliger zwischen den Waldbewohnern bewegen konnten. Wir riefen einander mit dem Krähenruf, der wie akustische Leuchtfeuer funktioniert und die Gruppe so auch über weitere Distanz und verschiedenste Aufenthaltsorte miteinander kommunizieren lässt.
Die Kinder fanden essbare und giftige Pflanzen und entdeckten Spuren und Behausungen von Tieren. In dieser Umgebung wurde den Drittklässlern umgehend klar, warum Tiere und auch Menschen eine Behausung brauchen: Zum Schutz vor anderen Tieren und vor der Witterung, um sich auszuruhen, um Vorräte sicher zu lagern und um ihre Kinder zu gebären und groß zu ziehen. Wie sich unsere Bedürfnisse doch gleichen.
So erzählte Betti eine Geschichte – aus den polnischen Karpaten und wie sie dort einen Monat verbracht hatte, inmitten eines Wolfsrudels und zwischen den Revieren dreier Braunbären. Staunend und innerlich ergriffen lauschte ein jedes Kind. Sie erzählte weiter anhand welcher Kriterien sie den Platz für den Bau einer Laubhütte wählte, die sie über Nacht warm und trocken halten sollte. Mit kleinen Stöcken baute sie währenddessen eine Miniaturhütte vor sich und erklärte uns, worauf zu achten war, damit die Hütte regensicher und warm würde – nicht zu steil, nicht zu flach, nicht zu groß. Dem Grobgerüst folgte das Feingerüst und zu guter Letzt viel, viel Laub, das in die Ritzen gestopft wurde und die Hütte schließlich in ihrer Umgebung nahezu verschwinden ließ.
Seelisch eingestimmt war es nun an den Kindern der dritten Klasse, sich in kleinen Gruppen eine solche Behausung zu bauen – es wurde ein Platz gesucht, eine Firststange gefunden und auf Platzsuche kreuz und quer durch den Wald getragen. Es wurden tote Äste und Stöcker geschleppt und die verschiedensten Techniken erfunden und erprobt, um diese an der richtigen Stelle zu brechen. Es wurde beraten, diskutiert, delegiert, bestimmt, zurechtgewiesen und euphorisch gelobt und bejubelt. Am Ende des Tages entstanden bei beiden Gruppen (nach Pandemie-Szenario B geteilte Klasse im Wechselmodell) insgesamt vier standfeste Laubhütten. Dem Regen, dem Schnee, dem Sturm und der Kälte getrotzt, konnte ein jedes Kind mit einem tiefen und gefestigten Gefühl der eigenen Wirkmächtigkeit in dieser Welt an diesem Tag nach Hause gehen.
In unserem Abschlusskreis spürte jedes Kind noch einmal dem Gedanken nach, wofür es sich nach diesem Abenteuer dankbar fühlte: „für den Baum, der unsere Hütte gehalten hat“, „für die Natur, die uns alles gegeben hat, was wir brauchten“, „dafür, dass wir Betti kennengelernt haben, weil wir das sonst alles nicht erlebt hätten“ und „dafür, dass es die Welt gibt“. Diese Dankbar keit legte die Frage nahe, was wir der Natur zurückgeben könnten, neben den Stöckern, den Ästen und dem Laub für unsere Hütten: Behausungen für die Tiere, in deren Wohnzimmer wir uns so frei und fröhlich bewegen durften.
Im Rahmen der von der Niedersächsischen BINGO-Umweltstiftung bereitgestellten Fördersumme von bis zu 2940 Euro, erwarben wir – Dank Corinna Michelsen (Kinder-Tiere-Kommunikation) – zusätzlich 20 spezielle Nist- bzw. Futterkästen, die in liebevoller Handarbeit in der Tierhausproduktion von Familie Antes in Söhlde entstanden sind. Diese werden in Absprache mit der Gartenbaulehrerin der Waldorfschule Braunschweig und einem Nabu-Experten auf unserem Schulgelände ihren Platz finden. Die Kinder der dritten Klasse übernehmen damit zukünftig die Patenschaft für ein Meisen-, Spatzen-, Staren-, Mauersegler-, Fledermaus-, Schmetterlings- oder Marienkäferheim und möchten der Natur und der Schöpfung damit von Herzen „Danke“ sagen.
Klassenlehrerin der 3. Klasse
Unsere Mensa wird durch Biond betrieben:
Adresse
Freie Waldorfschule Braunschweig e.V.
Rudolf-Steiner-Straße 2
38120 Braunschweig
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