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Aus dem Unterricht
Futtern mit Futter Teresa: Nachhaltig & lecker
Letzten Mittwoch hatte die 9. Klasse Unterricht der besonderen Art, nämlich mit Futter Teresa aus Braunschweig. Zustande kam dieser Kontakt durch den Klimaschutzpreis der Stadt Braunschweig, denn Futter Teresa belegte – wie unsere Schule in der Kategorie "Kinder & Jugendliche" – den ersten Platz in der Hauptkategorie. Bei der Preisverleihung ergriff Frau Störrle die Gelegenheit und konnte Futter Teresa für eine spannende Unterrichtsstunde gewinnen.
Wer oder was ist denn Futter Teresa bitte? Futter Teresa ist eine Initiative engagierter Menschen, die Lebensmittel von Supermärkten vor dem Müll rettet und diese an ausgewählten Tagen in ausgewählten Locations für angemeldete Interessierte kostenfrei als 3-Gänge-Menü anbietet. Selbstverständlich weiß zwei Tage vorher niemand, welche Lebensmittel zur Verfügung stehen und welche Gerichte entstehen werden. So sind diese Kochevents spannend für die Köche und Köchinnen sowie für die Gäste.
Genauso spannend waren die drei schwarzen Kisten, die einer der Initiatoren von Futter Teresa, Hai Phong Briese, letzte Woche in die 9. Klasse trug. Im Rahmen der Erdkundeepoche hatten die Schüler*innen zuvor über Böden, deren Qualität und Ertrag gesprochen. Auch die enorme Ressourcenverschwendung bei der Erzeugung und Produktion wurde thematisiert. Denn auf Grund von Normen und Vorschriften wie Aussehen und Größe gerät vieles, was essbar wäre, nicht in den Verkauf. Mit Futter Teresa wurde nun die Lebensmittelverschwendung am Ende der Verkaufskette betrachtet.
Nachdem sich Herr Briese der Klasse vorgestellt hatte, ermittelten sie gemeinsam bekannte und weniger bekannte Formen der Lebensmittelverschwendung. Diese wurden an der Tafel notiert sowie hilfreiche Maßnahmen wie kleinere Verpackungen, weniger Auswahl besprochen. Dabei entstand ein lebhafter Austausch und es flossen viele Informationen z.B. zur Gesetzeslage aber auch spannende Ideen zur Lebensmittelwertschätzung wie Kochkurse, Foodsharing und Containern wurden diskutiert.
Auch der bekannte Wocheneinkauf mit seinen Vorteilen gegenüber dem spontanen und häufigen Einkaufen wurde unter die Lupe genommen. Wenn man mit einem Wochenessenplan loszieht, kauft man eher die Mengen an Lebensmitteln, die man auch in der Zeit verbrauchen kann und schmeißt weniger weg. Man kann den Spieß aber auch umkehren und Lebensmittel kaufen, die gerade oder bald ablaufen, und sich durch diese zu neuen Gerichten inspirieren lassen – wie bei Futter Teresa. Immer mehr Geschäfte bieten diese Lebensmittel günstiger an, um deren Verkauf anzuregen. Das ist gut für die Umwelt und für den Geldbeutel. Aber warum kaufen wir eigentlich immer die Produkte mit der längsten Haltbarkeit, wenn wir doch wissen und planen, diese in den nächsten Tagen zu verarbeiten? Auch hier wäre ein Umdenken sinnvoll, um Verschwendung vorzubeugen. Wenn die Lebensmittel zeitnah verwendet werden, ist das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) weniger relevant. Viele Studien zeigen, dass Produkte noch lange nach dem MHD genießbar und unbedenklich sind. Natürlich ist das abhängig vom Produkt. In Hinblick auf das MHD ist eine vegetarische/vegane Lebensweise günstig, da besonders Fleischprodukte schnell verderblich sind und eine kurze Haltbarkeit aufweisen. Vegetarische oder vegane Produkte halten sich dagegen deutlich länger, oft auch weit über das MHD hinaus (getrockenete Hülsenfrüchte).
Hinsichtlich des Einkaufs wurden weitere nachhaltige Aspekte wie die Transportwege betrachtet. Müssen unsere Lebensmittel aus Übersee stammen? Welche Vorteile haben regionale und saisonale Produkte? Wie wirkt sich eine lange Reifung auf den Geschmack aus? Warum Lebensmittel nicht mal einkochen und z.B. als Suppen länger haltbar machen...
Ein einfacher Schritt wäre auch, die Lebensmittel teurer zu machen. Dann würde automatisch mehr Achtsamkeit entstehen und gerade kleinere landwirtschaftliche Betriebe würden wieder vernünftig von ihrer Arbeit leben können. Aber auch Bildung kann hier helfen und Veranstaltungen wie diese öffnen zumindest die Augen...
Die Augen öffneten bzw. rissen auch die Schüler*innen auf, als es an den praktischen Teil der Stunde ging. Herr Briese hatte am vorangegangenen Montag nach (!) der Braunschweiger Tafel neun Lebensmittelkisten von zwei Braunschweiger Supermärkten eingesammelt und drei davon nach einer ordentlichen Prüfung
mitgebracht.
Es war wie Weihnachten und gemeinsam packte man die Ausbeute aus und betrachtete die Gründe für den Wegwurf, denn vieles war augenscheinlich in einem guten Zustand. Bei den Bananen spekulierte man, dass Neue kamen und die Alten dagegen unschön wirkten, also reine äusserliche Gründe, in den Traubenpackungen wiederum waren einige schimmlig, der Rest jedoch tadellos, hier sind es die Personalkosten, die den Wegwurf erklären. Denn wer soll die Packungen täglich durchsortieren? Bei den Erdnüssen war die Verpackung kaputt (MHD: 12/2023) und die Milch war kurz vorm Ablaufen. Auch Kiste zwei mit den vielen Mandarinen war ansprechend. Hier stellte Herr Briese die Sieh-, Riech- und Geschmacksprobe vor, nach der man mit gesundem Menschenverstand Lebensmittel bewerten könne. Dabei wird geschaut, wie sieht das Produkt aus? Ist es matschig, schimmelig oder in Ordnung? Wie riecht es? Wenn es unangenehm riecht oder sogar stinkt, Finger weg. Abschließend wird der Geschmack getestet. Ein kleines Stück verrät viel und ist in den seltensten Fällen bedenklich. Hat das Lebensmittel alle drei Proben bestanden, ist es nahezu unbedenklich. Kiste drei bildete den Schluss und beinhaltete verpacktes Brot, Gebäck, Kuchen und Aufschnitt mit sehr kurzem MHD, also noch voll in Ordnung für den Mittwoch.
Übrigens haben Betriebe großes Interesse an dieser Form der Abnahme, denn sie sparen zum Teil Unkosten im fünfstelligen Bereich bei der Müllentsorgung.
Nun begann der leckere Teil des Unterrichts: Die Schüler*innen durfen zugreifen und sich das vielfältige Angebot schmecken lassen. Und das taten sie! Dass Essen glücklich macht, war hier deutlich zu spüren, und dass diese Produkte zu schade für die Tonne waren, darüber waren sich alle Schüler*innen einig. Dies ist auch das Konzept von Futter Teresa. Über gemeinsames Essen will die Initiative aufklären und zeigen, dass diese Lebensmittel vollends genießbar und lecker sind. So schaffen sie Bildung, die auch durch den Magen geht ...
Diese Unterrichtsstunde ergänzte das nachhaltige Konzept unserer Schule auf besonders schöne Weise. Herr Briese schaffte mit seiner heiteren Art eine spannende Unterrichtsstunde und holte alle Schüler*innen ab. Ein reger Austausch konnte zu diesem wichtigen Thema entstehen. Mit dieser Form der Aufklärung bekommen nicht nur unsere Schüler*innen neue Denkansätze, sondern auch deren Familien werden über sie erreicht. Es zeigte sich, dass sich in dieser Klasse schon viele Familien mit Lebensmittelwertschätzung beschäftigen und einiges bereits umsetzen. Dieses Bewusstsein ist für unsere Gesellschaft und Zukunft wichtig und ein Unterrichtsfach wie Nachhaltigkeitskunde wäre wünschenswert. Mit dieser Begegnung haben wir einen Schritt in diese Richtung getan und würden uns freuen, Herrn Briese in einer anderen Klasse begrüßen zu können. Herr Briese hat einen fantastischen Job gemacht hat, dafür unseren herzlichen Dank!
Falls Sie mehr über Futter Teresa wissen möchten oder sogar mitkochen wollen, schreiben Sie an: info@futter-teresa.de
mittwochs-Redaktion
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