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Aus dem Unterricht
9. Klasse: Landwirtschaft hautnah erleben
Der Michaelshof in Sammatz ist eine nachhaltige, inklusive Community mit einem Bio-Café, einem Demeter Arche-Hof und Landwirtschaft, Kinderheim; Forschungslabor und für das Publikum geöffneten Gartenanlagen. Seit über 30 Jahren widmet sich der Michaelshof der biologisch-dynamischen Landwirtschaft, der Erarbeitung sozialer, inklusiver und kosmopolitischer Formen des Zusammenlebens sowie der nachhaltigen Kultur, Bildung und Persönlichkeitsentwicklung. Der Michaelshof ist ein BNE-Akteur im UNESCO-Programm Deutschland, ein Partner des Biosphärenreservats Elbtalaue und wird vom Umweltministerium Niedersachsen gefördert. Mit aktuell 360 Personen, die temporär oder dauerhaft dort leben, ist da einiges los.
Die 9. Klasse durfte das Landwirtschaftspraktikum auf diesem beeindruckenden Hof absolvieren. Zwei Wochen, Ende Mai, haben die SchülerInnen dort im Stall ausgeholfen, auf dem Heilpflanzenacker geerntet, auf dem Gemüseacker gejätet oder geerntet, in der Küche oder im Café mitgearbeitet und haben viel Zeit mit der Pflege der Parkanlage verbracht.
Das besonders Schöne war, dass die tatkräftige 9. Klasse die Hofmitarbeiter beeindruckt hat. Es ist eine wilde, aber eine herzliche Klasse. Gerade diese Eigenschaft kam gut an. Die SchülerInnen haben sich auf die Aufgaben im Stall, in der Küche oder im Garten eingelassen, haben gearbeitet, nicht immer sehr motiviert, aber immer mit einer heiteren und fröhlichen Haltung. Es gab Gruppen, die so toll mitgearbeitet haben, dass unaufgefordert die MitarbeiterInnen ihre Begeisterung über diese jungen Menschen mir gegenüber geäußert haben.
Es gab auch unbeliebte Aufgaben, aber da galt es seine Unlust zu überwinden und ohne zu meckern weiterzumachen – ein wichtiger Schritt in der Persönlichkeitsentwicklung. Das Landwirtschaftspraktikum dient auch nicht dem Zwecke, junge Menschen für den Beruf des Landwirts zu begeistern. Das Lernziel ist die praktische Erfahrung in der Landwirtschaft und die Erkenntnis, wie viel Arbeit hinter den landwirtschaftlichen Produkten steckt, um so eine Wertschätzung für die Lebensmittel zu entwickeln. Allein das Jäten ist so eine mühselige Arbeit, ohne die die Erträge massiv reduziert wären. Es wurde tagelang gejätet. Die Arbeit in der Küche war deutlich beliebter, weil sie nicht so anstrengend war. Sehr beliebt war die Arbeit mit den Tieren, auch wenn das Ausmisten oder Heu zu verteilen sich nicht superspannend anhören, war es der Kontakt mit den Tieren, der den SchülerInnen Freude bereitete. Auch das Treiben der Tiere zur Weide war ein besonderes Erlebnis.
Neben der praktischen Arbeit gab es auf dem Hof täglich Vorträge über einzelne Arbeitsbereiche. Besonders beeindruckend war der Vortrag aus der Forschungsabteilung auf dem Hof über das Insektensterben und mit welchen Maßnahmen der Michaelshof die Biodiversität fördert.
Nun, es wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn es bei diesen positiven Erlebnissen bliebe. Dieses Jahr haben wir ein neu gebautes pinkfarbenes Haus für uns als Klasse allein gehabt. Das war super, weil wir wie eine große Familie leben konnten. Frau Balboa und ich hielten da Stellung, dass alle pünktlich ins Bett gingen und hinter sich das Geschirr aufgeräumt wurde. In dieser Enge waren wir aber auch einem Krankheitserreger ausgesetzt, der 2/3 der Klasse, samt der Lehrerinnen, befiel. Viele SchülerInnen klagten über typische Erkältungssymptome, vier mussten abgeholt werden und der Rest ruhte sich dort aus, um doch noch mitzuarbeiten. Eine Ärztin, die dort arbeitet, hat uns untersucht und uns mit Naturheilmitteln versorgt.
So ist eine aufregende Zeit zu Ende gegangen, in der die Klasse wichtige Erkenntnisse für das Leben mitgenommen hat, nicht nur wie eine nachhaltige Landwirtschaft aussieht und welche schwere und wichtige Arbeit die Landwirte leisten, sondern auch wie man sich im Arbeitsleben benimmt.
Jedes Jahr organisiere ich das Landwirtschaftspraktikum und jedes Jahr verläuft es anders. Es gibt schöne und herausfordernde Momente. Durch meine Mitarbeit im Netzwerk Werkstatt Zukunftsschule der Landesschulbehörde habe ich das Lernformat „Herausforderung“ kennengelernt. Bei diesem Lernformat suchen sich die SchülerInnen eigene Projekte aus, in den sie sich herausfordern, um so die eigene Persönlichkeit zu stärken. Häufig wird als Projekt ein Praktikum auf einem Bauernhof ausgesucht. Das, was für andere Schulen eine Herausforderung darstellt, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Das Landwirtschaftspraktikum ist ein fester Bestandteil des Waldorf-Curriculums und es beeindruckt mich immer wieder aufs Neue, wie souverän unsere SchülerInnen diese Herausforderung meistern.
Viele Grüße, M. Störrle

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